Neuer Wirkmechanismus von HDAC-Inhibitoren bei MPN entdeckt
Forschende der Universitätsmedizin Mainz haben einen bisher unbekannten Mechanismus aufgedeckt, über den Histon-Deacetylase (HDAC)-Hemmer bei Myeloproliferativen Neoplasien (MPN) Tumorzellen zerstören. Sie fanden heraus, dass die Medikamente bösartige Blutzellen mit einer bestimmten genetischen Veränderung abtöten. Die jetzt in der Fachzeitschrift Signal Transduction and Targeted Therapy publizierten Erkenntnisse eröffnen die Möglichkeit für die Entwicklung verbesserter MPN-Therapien.
JAK2-Mutation verursacht MPN
Ursächlich für die MPN sind Mutationen im Blutbildungssystem. Die MPN Polycythaemia Vera, essentielle Thrombozythämie und primäre Myelofibrose werden durch eine Mutation im Protein Januskinase-2 (JAK2) verursacht. Hierdurch werden zelluläre Kommunikationswege, die zur Regulation der Zellentwicklung und zur Abwehr von Keimen dienen, dauerhaft aktiviert. In der Konsequenz werden Blutbildungsvorgänge übermäßig angeregt und das blutbildende Knochenmark erschöpft.
HDAC-Inhibitoren als vielversprechende Therapieoption
Für die Behandlung von MPN werden aktuell in klinischen Studien Medikamente erprobt, die gezielt Enzyme der HDAC-Familie blockieren. Diese HDAC-Inhibitoren bewirken ein Absterben der Krebszellen. Bisher war jedoch nicht bekannt, welcher exakte molekulare Mechanismus der Wirksamkeit von HDAC-Hemmern bei MPN zugrunde liegt.
Entdeckung der Schlüsselrolle des SIAH2-Proteins
Die Wissenschaftler:innen der Universitätsmedizin Mainz haben jetzt bei Untersuchungen im Zell- und Tiermodell herausgefunden, dass das Protein SIAH2 dabei eine wichtige Rolle spielt. SIAH2 hilft, bestimmte Zielproteine, die beschädigt sind oder nicht mehr benötigt werden, einem Protein-Komplex in der Zelle zum Abbau zuzuführen. Das Team um Dr. Al-Hassan Mustafa vom Institut für Toxikologie der Universitätsmedizin Mainz hat gezeigt, dass die Enzyme HDAC1 und HDAC2 SIAH2 unter Kontrolle halten. Blockierten die Forschenden die Funktion von HDAC1/HDAC2 gezielt durch einen HDAC-Hemmer, stieg die Acetylierung und damit die Menge an aktivem SIAH2. Das Protein stabilisierte sich und löste über den gezielten Abbau der überaktiven Januskinase-2 selektiv den Tod von MPN-Zellen aus.
Therapeutische Perspektiven für schonendere MPN-Behandlung
„Unsere Forschungsergebnisse könnten zur Entwicklung und Anwendung schonenderer Therapien für MPN-Betroffene beitragen. Die Erkenntnisse bieten zudem einen neuen therapeutischen Ansatz, um das Fortschreiten dieser Blutkrebsform zu lebensbedrohlichen Erkrankungen wie der akuten myeloischen Leukämie oder des verwuchernden Knochenmarks zu verhindern. Gleichzeitig liefert die Arbeit ein Beispiel dafür, wie epigenetische Enzyme, die Veränderungen herbeiführen, ohne die DNA-Sequenz zu verändern, über unerwartete Mechanismen tumorfördernde Signalwege kontrollieren. Damit werden Impulse für die weitere Forschung gesetzt“, sagte Univ.-Prof. Dr. Oliver Krämer, Leiter der Abteilung Molekulare Toxikologie am Institut für Toxikologie der Universitätsmedizin Mainz, und Letztautor der Studie.
Quelle:Universitätsmedizin der Johannes Gutenberg-Universität Mainz
Literatur:
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Mustafa AM. et al. (2025) The deacetylases HDAC1/HDAC2 control JAK2V617F-STAT signaling through the ubiquitin ligase SIAH2, Signal Transduction and Targeted Therapy, DOI: 10.1038/s41392-025-02369-7.