Journal Hämatologie
Medizin

Wie die CRISPR-Genschere die Schwächen von CAR-T-Zellen beheben könnte

Sie gelten als Meilenstein der modernen Krebstherapie: CAR-T-Zellen sind körpereigene Immunzellen von Patient:innen, die im Labor scharf gemacht werden und dann als „lebende Medikamente“ im Körper nach Krebszellen jagen. Genauer: T-Zellen, die auch an der Abwehr von Infektionen beteiligt sind, werden gentechnisch mit einen „Chimeric Antigen Receptor“ (abgekürzt: CAR) ausgestattet, mit dem sie Krebszellen erkennen.

Dieser Ansatz hat bereits vielen Menschen mit schwer behandelbaren Blutkrebserkrankungen das Leben gerettet. Doch bei einem Großteil der Patient:innen verlieren CAR-T-Zellen ihre Schlagkraft oder wirken nicht stark genug. Um diese Schwäche zu überwinden, haben Wissenschaftler:innen am CeMM und an der Medizinischen Universität Wien eine Methode entwickelt, mit der die Funktion der CAR-T-Zellen systematisch verstärkt werden kann.

Die im Fachjournal Nature veröffentlichte Studie beschreibt eine Plattform namens CELLFIE, die CAR-T-Zellen mit der CRISPR-Genschere systematisch verändert und dann ihre Durchschlagskraft untersucht. „Unsere Plattform testet tausende genetische Veränderungen parallel und zeigt auf, welche davon die CAR-T-Zellen fitter, effektiver oder weniger erschöpft machen“, erklärt Paul Datlinger, Co-Erstautor und Co-Studienleiter und inzwischen Gruppenleiter am Arc Institute in Californien.

Weniger ist mehr: Immunfaktor hindert CAR-T-Zellen bei der Arbeit

Dabei stießen die Forscher:innen auf eine Überraschung: Das Ausschalten des Gens RHOG – eigentlich ein wichtiger Teil unseres Immunsystems – machte CAR-T-Zellen in präklinischen Modellen deutlich wirksamer gegen Leukämie. Im Gegensatz zu natürlichen T-Zellen, die von der Evolution über Millionen Jahre optimiert wurden, sind CAR-T-Zellen künstlich erzeugt, um Krebszellen ins Visier zu nehmen. Daher können sich Gene, die in der natürlichen Immunabwehr essenziell sind, in CAR-T-Zellen als hinderlich erweisen.

„RHOG ist ein perfektes Beispiel dafür“, so Eugenia Pankevich, Co-Erstautorin und PhD-Studentin am CeMMh. „Es erfüllt eine zentrale Funktion in unserem Immunsystem, schwächt aber paradoxerweise die Wirksamkeit von CAR-T-Zellen. Indem wir dieses Gen mithilfe von CRISPR ausgeschaltet haben, konnten wir das therapeutische Potenzial der CAR-T-Zellen deutlich steigern.“

Mit der CELLFIE-Plattform testeten die Forscher:innen das Ausschalten von tausenden verschiedener Gene („Knockout“) in CAR-T-Zellen und validierten die vielversprechendsten Kandidaten mit einer neu entwickelten CRISPR-Screening-Methode in Mäusen. Das Ergebnis war eindeutig: CAR-T-Zellen mit ausgeschaltetem RHOG-Gen vermehrten sich besser, erschöpften sich später und kontrollierten Leukämie deutlich effektiver als herkömmliche CAR-T-Zellen.

Knockout-Kombination heilt Mäuse von Leukämie

„Wir haben zwei Gen-Knockouts mit sich ergänzenden Eigenschaften gefunden – und gemeinsam wirkten sie noch stärker“, beschreibt Cosmas Arnold, Co-Erstautor und wissenschaftlicher Projektleiter am CeMM die Ergebnisse. „Durch gleichzeitiges Ausschalten von RHOG und FAS erzielten wir einen überraschend synergistischen Effekt: Die genetisch veränderten CAR-T-Zellen vermehrten sich schneller, blieben länger aktiv, zerstörten sich weniger gegenseitig – und konnten Mäuse von einer aggressiven Leukämie heilen.“

Mit CELLFIE steht nun eine vielseitige Plattform zur Verfügung, um CAR-T-Zellen und andere Zelltherapien systematisch weiterzuentwickeln. Neben klassischen Knockout-Experimenten lassen sich damit auch kombinatorische Genveränderungen und die präzise Editierung einzelner Positionen in der DNA-Sequenz testen. Diese Plattform eröffnet neue Möglichkeiten für die Entwicklung von maßgeschneiderten Immunzellen – mit Potenzial weit über die Behandlung von Blutkrebs hinaus, etwa bei soliden Tumoren, Autoimmunerkrankungen oder in der regenerativen Medizin.

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Quelle:

CeMM Forschungszentrum für Molekulare Medizin der Österreichischen Akademie der Wissenschaften & Medizinische Universität Wien

Literatur:

(1)

Datlinger P et al. Nature (2025). DOI: https://doi.org/10.1038/s41586-025-09507-9

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