Journal Hämatologie
Medizin

Infektionen verlaufen gefährlicher

„Besonders in der ersten Phase der Krankheit beziehungsweise während und nach stark immunsuppressiven Therapien, etwa nach eine Stammzelltransplantation, sind Patientinnen und Patienten mit Blutkrebs sehr anfällig für Atemwegsinfekte“, sagt Prof. Dr. Marie von Lilienfeld-Toal vom Institut für Diversitätsmedizin der Ruhr-Universität Bochum. „Viele Infekte, die ansonsten gesunde Menschen als banal erleben, verlaufen bei dieser Gruppe gefährlicher. Eine Influenza-Infektion verläuft zum Beispiel in 10% der Fälle tödlich, und die Menschen scheiden das Virus auch länger aus.“ Bei SARS-CoV-2 zeigte sich das erhöhte Risiko ebenfalls deutlich, und Patient:innen waren auch durch Impfungen schlechter geschützt. Je nach Therapie sind Betroffene über die Dauer von etwa einem Jahr besonders infektanfällig.

Für die Überarbeitung der Leitlinie analysierte das Team aktuelle Fachliteratur aus den Jahren 2014 bis 2024. Eingeflossen sind Publikationen zu Adenovirus, Bocavirus, Coronavirus, Influenzavirus, Metapneumovirus, Parainfluenzavirus, Respiratorisches Synzytial-Virus und Rhinovirus bei Patient:innen mit hämatologischen Malignomen (Blutkrebs) und/oder hämatopoetischer Zelltransplantation. „In den aktuellen Empfehlungen skizzieren wir ein gemeinsames Vorgehen zur Kontrolle solcher Infektionen, zur Labordiagnostik einschließlich SARS-CoV-2 sowie spezifische Strategien zur Infektkontrolle für Atemwegsinfekte außer SARS-CoV-2“, fasst Prof. von Lilienfeld-Toal zusammen.

Impfstoffe und besondere Empfehlungen für kleine Kinder

Zur Vorbeugung werden für Influenzaviren saisonale inaktivierte Impfstoffe und frühzeitige antivirale Therapien empfohlen, während die Expert:innen eine generelle antivirale Prophylaxe nicht befürworten. Für das Respiratorische Synzytial-Virus können zugelassene Impfstoffe je nach lokaler Zulassung in Betracht gezogen werden, auch wenn die Evidenzlage bei Blutkrebs-Patient:innen begrenzt ist. Eine passive Immunisierung mit Palivizumab oder Nirsevimab wird für Kinder unter zwei Jahren empfohlen, jedoch gibt es unzureichende Daten zur prä- oder postexpositionellen Prophylaxe oder Behandlung älterer Kinder oder erwachsener Patient:innen. Bei Erkrankten, die nach einer Stammzelltransplantation ein ausgeprägtes Immundefizit haben, empfiehlt die Leitlinie die Gabe des Wirkstoffs Ribavirin und/oder intravenöse Immunglobuline.

Für andere Atemwegsinfekte stehen lediglich unterstützende Maßnahmen zur Verfügung, die die Immunfunktion verbessern und den Antikörpermangel korrigieren. Dazu gehört auch, die Gabe von kortisonhaltigen Medikamenten möglichst zu reduzieren. „Evidenzlücken bestehen vor allem in den Bereichen Immunisierung und antiviralen Therapien“, sagt Prof. von Lilienfeld-Toal.

Empfehlungen an Behandelnde, Angehörige und Patient:innen

Die Empfehlungen sind für alle relevant, die Menschen mit Blutkrebs behandeln. Da virale Atemwegsinfektionen oft aus der Umwelt kommen, ist dies nicht nur in der spezialisierten Klinik relevant, sondern auch in Ambulanzen und hausärztlichen Praxen. Auch pflegende Angehörige können von diesen Informationen profitieren und nicht zuletzt Menschen mit Blutkrebs selbst, die solche Informationen meistens in aufgearbeiteter Form von ihren Behandlern bekommen.

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Quelle:

Ruhr-Universität Bochum

Literatur:

(1)

von Lilienfeld-Toal M et al. The Lancet Infectious Diseases (2025). DOI: 10.1016/S1473-3099(25)00365-2

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