Erschöpfte T-Zellen bei CLL: Galectin-9 als neuer Angriffspunkt für Immuntherapien
David Meier M.Sc.T-Zell-Erschöpfung gilt als ein wesentlicher Grund für das Ausbleiben nachhaltiger Therapieerfolge bei der chronischen lymphatischen Leukämie (CLL) unter Immuntherapien. Einem Forschungsteam ist es nun gelungen, einen Mechanismus zu identifizieren, der maßgeblich zur Schwächung des Immunsystems beiträgt. Im Zentrum steht das Protein Galectin-9, das entscheidend daran beteiligt ist, die Funktion von T-Zellen zu blockieren.
Lymphknoten als Hauptort der T-Zell-Dysfunktion
Analysen von Blut, Knochenmark und insbesondere Lymphknotenmaterial zeigten deutliche Unterschiede in der Zusammensetzung der T-Zell-Populationen. In den Lymphknoten von CLL-Patient:innen fanden sich vermehrt regulatorische T-Zellen sowie zytotoxische CD8+ T-Zellen in verschiedenen Stadien der Erschöpfung, darunter sowohl Vorläuferzellen (TPEX) als auch terminal erschöpfte Zellen (TEX). Demgegenüber waren Blut- und Knochenmarksproben stärker von kurzlebigen Effektorzellen geprägt.
Galectin-9/TIM3-Achse als Schlüsselfaktor der Immunevasion
Interaktionsanalysen zwischen CLL-Zellen und T-Zell-Subpopulationen identifizierten Galectin-9 als prominentes, von CLL-Zellen freigesetztes Signal. Dieses Molekül interagiert bevorzugt mit dem Oberflächenrezeptor TIM3 auf erschöpften CD8+ T-Zellen – eine Bindung, die bekanntermaßen T-Zellen in den programmierten Zelltod treibt und damit die Immunantwort schwächt. In einem CLL-Mausmodell führte die Blockade von Galectin-9 zu einer verlangsamten Krankheitsprogression, einer reduzierten Tumorlast in Milz und Lymphknoten sowie zu einer verbesserten Funktion zytotoxischer CD8+ T-Zellen. Parallel sank die Zahl TIM3-positiver T-Zellen deutlich, was auf eine Wiederherstellung der T-Zell-Aktivität hindeutet.
Prognostische Bedeutung einer hohen Galectin-9-Expression
Patientendaten zeigten, dass eine erhöhte Galectin-9-Expression mit einer verkürzten therapiefreien Überlebenszeit assoziiert ist – besonders bei Personen mit unmutiertem IGHV-Gen, die ohnehin eine ungünstigere Prognose haben. Darüber hinaus ist ein hoher Galectin-9-Spiegel auch bei anderen Tumorarten wie Nierenzellkarzinom und Gliom mit einer reduzierten Gesamtüberlebenszeit verbunden.
Ausblick auf neue Therapieansätze
Die Ergebnisse verdeutlichen, dass die T-Zell-Erschöpfung bei CLL maßgeblich durch die Galectin-9/TIM3-Achse vermittelt wird. Eine gezielte Blockade dieses Signalwegs könnte nicht nur die Effektorfunktion von CD8+ T-Zellen reaktivieren, sondern auch die immunsuppressive Tumorumgebung abschwächen. Zukünftige Studien müssen klären, wie sich Galectin-9-Inhibitoren in bestehende Therapieschemata integrieren lassen.
Quelle:Llaó-Cid L. et al. (2025) Integrative multi-omics reveals a regulatory and exhausted T-cell landscape in CLL and identifies galectin-9 as an immunotherapy target. Nat Commun 16, 7271 (2025), DOI: 10.1038/s41467-025-61822-x.