Neuer Resistenzmechanismus bei myeloproliferativen Neoplasien entdeckt: Warum Ruxolitinib allein nicht ausreicht
Myeloproliferative Neoplasien (MPN) zählen zu den chronischen Blutkrebserkrankungen, bei denen es zu einer unkontrollierten Vermehrung von Blutzellen im Knochenmark kommt. Der JAK2-Hemmer Ruxolitinib wird zur symptomatischen Behandlung eingesetzt und verbessert die Lebensqualität der Betroffenen erheblich. Trotz dieser klinischen Erfolge ist die zytoreduktive Wirkung des Medikaments begrenzt – ein Umstand, der seit Langem Gegenstand wissenschaftlicher Untersuchungen ist.
Ein Forschungsteam unter Leitung von Prof. Dr. Nikolas von Bubnoff, Direktor der Klinik für Hämatologie und Onkologie am Universitätsklinikum Schleswig-Holstein (UKSH), Campus Lübeck, sowie Dr. Sivahari Prasad Gorantla, hat nun einen Mechanismus identifiziert, der diese Limitierung erklären könnte. Die in der Fachzeitschrift Leukemia publizierte Studie entstand in Kooperation mit weiteren Wissenschaftler:innen aus München und Freiburg (1).
Neue Erkenntnisse zur JAK2-Signalübertragung
Im Zentrum der Untersuchung steht das Enzym JAK2, das durch genetische Veränderungen dauerhaft aktiviert wird und das ungebremste Zellwachstum bei MPN antreibt. Ruxolitinib blockiert dieses Enzym, indem es sich an dessen Struktur anlagert. Dabei kommt es zu einer Konformationsänderung, durch die bestimmte innere Bereiche des Proteins abgeschirmt werden. Diese Areale bleiben funktionell jedoch erhalten. Löst sich das Medikament temporär vom JAK2-Protein, senden diese Bereiche erneut Signale aus und aktivieren die krebsfördernden PIM-Kinasen. Dieser wiederholte Aktivierungseffekt der PIM-Kinasen kann die Krankheit weiter vorantreiben und erklärt, warum der Wirkstoff die Anzahl der erkrankten Zellen nur begrenzt reduziert.
Hemmung von PIM-Kinasen zusätzlich zur JAK2-Inhibition
Die Studienergebnisse legen nahe, dass eine gleichzeitige Hemmung der PIM-Kinasen ein vielversprechender Ansatz sein könnte, um die therapeutische Wirksamkeit von JAK2-Inhibitoren wie Ruxolitinib zu steigern. „Unsere Ergebnisse legen nahe, dass Wirkstoffe, die PIM-Kinasen blockieren, diesen Mechanismus durchbrechen könnten. In Kombination mit JAK2-Hemmern könnten sie in Zukunft den Behandlungserfolg bei diesen Erkrankungen verbessern“, so Prof. von Bubnoff.
Quelle:Universitätsklinikum Schleswig-Holstein
Literatur:
- (1)
Gorantla S.P. et al., Ruxolitinib mediated paradoxical JAK2 hyperphosphorylation is due to the protection of activation loop tyrosines from phosphatases. Leukemia 2025. DOI: 10.1038/s41375-025-02594-7.